Mittwoch, 13. Februar 2013

Fasten oder Nicht-Fasten

Heute ist Aschermittwoch, wo traditionell das österliche Fasten, die Bußzeit beginnt. 40 Tage lang wird gefastet, die Sonntage ausgenommen, bevor es am Gründonnerstag endet und die Karzeit beginnt. (Katholiken bitte ich mich zu entschuldigen, sollte ich da einen logischen Fehler begangen haben, als evangelisch aufgezogenes Kind habe ich das Fasten nur als obskures mittelalterliches katholisches Ritual wahrgenommen oder aber als Gesundheitsmaßnahme).

Was eigentlich ist Fasten?
Einfach nur nichts essen? Oder nur bestimmte Speisen? Oder nur zu bestimmten Zeiten? Oder auf liebgewordene Gewohnheiten verzichten? Überhaupt auf etwas verzichten? Ein Muß oder ein Kann? Um seiner selbst willen oder einem Gott zur Ehre? Ausnahmen erlaubt? Fasten-Attest bzw. Fastenbefreiung?

Beim Durchblättern verschiedener Online-Seiten, Blogs und Zeitschriften komme ich zu einem wenig verwunderlichen Ergebnis: Christen bzw. Deutsche fasten seit dem schleichenden Niedergang des Ansehens der Kirche fast nur noch zur persönlichen Bequemlichkeit und eher seltener aus einem religiösen Bedürfnis  heraus oder um eine verbindliche Vorschrift zu befolgen. Um abzunehmen beispielsweise...
Selbst wenn aus religiösen Gründen gefastet wird, wird es sogleich rationalisiert und in gesundheitliche Vorteile umgerechnet.

Warum Fasten?
Zunächst aus religiöser Sicht: das Osterfasten dient der Erinnerung an den Tod Jesu.
Was es bedeutet:
Völliger Verzicht auf Fleisch, Milch und Eier für 40 Tage. Erlaubt sind Fastenspeisen und sich einmal am Tag zu sättigen. Kein Mensch redet von Null-Fasten, das würde auch kaum einer 40 Tage lang überleben. Erlaubt sind je nach Kirchentradition vegane Speisen plus Weichtiere plus Fisch. Bei manchen ist zusätzlich Öl verboten oder erlaubt.
Aus weltlicher Sicht: zum abnehmen, läutern des Geistes, säubern und entsäuern des Körpers.

Das ist gut, ich mache das mehrmals im Jahr für einige Tage, manchmal freiwillig, oft genug auch unfreiwillig (wegen Kopfschmerzen) und kann die überaus positive Wirkung auf Körper und Geist nur bestätigen. Ob ich mich einem Gott dadurch näher fühle? Nicht wirklich, nein. Ich fühle mich mir selbst näher, das ist es, was ich für mich sagen kann.
Und ich verspüre tiefe Bewunderung für einen Mann, der - egal, ob nun wirklich gelebt oder nicht - sich für 40 Tage in die Wüste begab, um dort zu meditieren und sich über seinen Weg klar zu werden, und dabei Verzicht geübt hat, ohne sich der Versuchung zu ergeben. Als Mensch, der dem Schönen zugeneigt war, muß das alles andere als einfach gewesen sein, vor allem, da er sein Ende schon kannte, und somit in arger Versuchung war, ihm einfach auszuweichen. Oder er hätte sich dem einfacheren Weg ergeben können, den ihm der Versucher angeboten hat - verehre mich, und du wirst zum Herrscher der Welt. Hat er aber nicht, er brach sein Fasten nicht, sein Geist und Wille blieben stark und standhaft. (Das ist gut so, denn sonst wären unserer Sünden immer noch nicht vergeben... jedenfalls glauben das die Christen.)
Die Fastenzeit gemahnt uns daran, daß auch wir Kinder Gottes sind, in gewisser Weise, und daß es an uns ist, das Geschenk, das er uns mit unserem lebendigen Körper gemacht hat, gebührend zu würdigen. Und auch wir könnten, wenn wir wollten, dem Versucher widerstehen, der uns den einfachen Weg schmackhaft machen will. Nur - wer sagt, daß es besser sei, einfacher, der Versuchung nachzugeben?

Wenn wir fasten, bringen wir unseren Körper und Geist zur Ruhe, die beide unentwegt nach mehr Aufmerksamkeit und mehr von diesem und jenem verlangen. Die leise Stimme Gottes wird im Alltag zu oft übertönt vom Raunen eines ruhelosen Geistes, den Geräuschen der Verdauung, den Klängen und Reizen der Ablenkung und Unterhaltung. 
Wie wir fasten sollten: Verzicht üben auf das, was uns üblicherweise begleitet. Lärm, Hektik, Töne reduzieren, Nahrungsaufnahme auf das zum Überleben notwendige Maß einschränken, Ablenkungen und Streß minimieren. Die Seele zur Ruhe kommen lassen.
Fasten aus der Sicht der Supermärkte: Fasten wird überbewertet.
Pünktlich zum Aschermittwoch stehen überall die Regale und Displays voller Oster-Schoko-Kram, Sekt und Wein sind im Angebot (30 % reduziert!! - Kaufen, kaufen!), der Süßkram quillt aus allen Körben. Ich finde das widerlich, übrigens auch ohne daß Fastenzeit wäre. Muß das sein?
Der Versucher lacht sich ins Fäustchen. Die moderne Gesellschaft arbeitet ihm in die Hände, ohne daß er Weltherrschaften versprechen muß... oh, jetzt wird´s religiös. Entschuldigung.

Fazit: Fasten oder bewußter Verzicht auf tagtägliche Gewohnheiten sind seit alters her eine Methode, Geist und Körper zu reinigen und zu läutern, sich auf sich selbst zu besinnen, Demut zu lernen und Rücksicht zu üben, sich selbst zu hinterfragen, sich selbst und den eingeschlagenen Weg zu erkennen und umzukehren, falls der Weg in die persönliche körperliche, geistige und seelische Zerstörung führt.

Ich kann das nicht schlecht finden, allenfalls finde ich die Fixierung auf religiös verbrämten Essensverzicht um Abzunehmen oder Verzicht auf Tingeltangel, der einem sowieso nicht fehlt, bedenklich. Aber immer noch besser als nichts zu tun, das räume ich gern ein.
Fasten wir.

Liebe Grüße, Sathiya

2 Kommentare:

  1. Hallo,
    nein, ich faste nicht, ich behalte meine üblichen Essgewohnheiten während der Fastenzeit bei. Auch sonst habe ich religiöse Rituale einschlafen lassen (Silvestermesse, Osternachtfeier, Fronleichnamsprozession, Erntedankfest, ... ). Nichtsdestotrotz gefällt mir Deine Passage, Geist und Körper zu reinigen. Der Begriff Katharsis schwebt mir da vor. Meditation, Kontemplation oder Reflexion kann man dies auch nennen. Ob nun die Fastenzeit solche Ruhepunkte liefert oder andere Methoden, in sich zu kehren, halte ich für gleichwertig. In unserer Informationsgesellschaft, in der wir mit Reizen dauerberieselt werden, ist dies grundsätzlich schwierig. Bzw. dies zu erkennen und diese Dauerberieselung auszublenden. Fasten oder Nicht-Fasten muss jeder für sich entscheiden. Ruhepunkte finde ich im Alltag. Ich muss allerdings gegen mein eigenes Umfeld ankämpfen, welche mich in einen Dauerzustand der Rotation versetzen will.

    Schönen Abend
    Dieter

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  2. Ich habe einen erheiternden Artikel zum Ramadan gefunden: http://www.heise.de/tp/artikel/21/21231/1.html
    Wie 30 Tage Weihnachten und Ostern auf einmal.
    Die Religion schient auch mehr und mehr auf der Strecke zu bleiben und nur noch der Kommerz zu zählen, der Rubel soll rollen. Wobei wir bei der Rotation wären. :-)) Sehr schöner Zusammenhang...

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