Donnerstag, 28. Juni 2012

Babyfotografie?!

In allen Schaufenstern von Fotografen hängen sie als Zugpferd und Hingucker: Hochzeitsbilder, Aktportraits und Babyfotos.
Dazu einige Gedanken.
Wer von uns mag denn seine eigenen Babyfotos im Erwachsenenalter wieder ansehen, ohne sich peinlich berührt zu fühlen?! Was uns als überaus niedlich, entzückend und hinreißend süß vorkommt beim eigenen Neugeborenen und Baby, verkehrt sich ins Gegenteil, wenn man selbst der Hauptdarsteller ist. Jedenfalls geht es mir so und meiner erwachsenen Tochter ebenfalls.
Es werden alle möglichen Zutaten und Accessoires angeboten, um die Neugeborenenfotografie so witzig, ausgefallen, extravagant und süß (von sexy kann man bei Babys ja ZUM GLÜCK noch nicht reden!!) wie irgend möglich zu machen. Neu-Eltern übertreffen sich regelmäßig im Bemühen, ein möglichst originelles Bild vom Nachwuchs zu bekommen und dieses auch herumzuzeigen. Neuerdings auch im Web...
Und wir können eine unfaßbare Anzahl von Babys in Strick-Kokons bewundern, in Hängematten, nackt zurechtgebogen zu Mini-Elfchen im Blumentopf, mit Filzöhrchen zum Häschen mutiert, mit Miniaturflügeln zum Engelchen, mit Mini-Fischschwanz als Baby-Meerjungfrau... mit Stirnbändchen, Blümchen, Schleifchen, Kränzchen, Federn, und und und zu allerlei allerliebst aussehenden Neu-Erdenbürgern arrangiert, zum bunt dekorierten Foto-Objekt inszeniert (bzw. degradiert - und damit in meinen Augen nahezu ihrer Würde beraubt).
Ha.
Ich bin gerade etwas fassungslos.

Vor vielen Jahren, als eine Künstlerin erstmals Babys im großen Stil für ihre Fotos ablichtete (Anne Gedges), war, wie ich mich gut erinnere, der Aufschrei groß, die Befürchtung, Bürger- und Persönlichkeitsrechte der Kinder würden verletzt, die Rechte der Eltern, ihre Kinder für derartige Aufnahmen zur Verfügung zu stellen, wurden kritisch hinterfragt... und die Fotos waren künstlerisch, ästhetisch und ethisch anspruchsvoll und über jeden Tadel erhaben. Heute jedoch...!!!
Viele Fotografen (von Privataufnahmen rede ich gar nicht erst) machen solche Bilder... ohne sich groß um die Kinder zu scheren, Hauptsache, die Eltern (also Auftraggeber) sind zufrieden und die Kasse stimmt. Mit allem, was der Kostümfundus so her-, bzw. was der momentane Trend so vorgibt. Leider ist eine spezielle Qualifikation oder Zertifizierung nicht erforderlich...
Neugeborene auf Schafwolle zu legen ist noch das Geringste dabei - Nacktaufnahmen in unzureichend gewärmten Fotostudios, stundenlanges Liegen in superheller Studiobeleuchtung (hat eigentlich jemals einmal jemand die Wirkung stundenlanger SuperTrooper-Beleuchtung auf zarte Baby- bzw. Neugeborenenhaut untersucht?), Blitzlicht direkt in empfindliche Babyaugen (die sich noch nicht selbst ausreichend schützen können), unnatürliche Posen und geschmackloses Dekor... nur damit die Eltern ein stylisches Foto zum Herumzeigen haben.
Was ist an ganz normalen, mit einer einfachen Kamera ohne Blitz aufgenommenen, Baby-Fotos auszusetzen? Die hat dann vielleicht ein lieber Angehöriger gemacht, vielleicht mit weniger Können, künstlerischem Blick und Finesse, dafür aber mit umsomehr Zuneigung und Liebe...

Eigentlich sollte der Beitrag ein Argument für meine Baby-Kuscheldecken werden - die mir persönlich viel besser gefallen als der momentane Trend der Kinder-Inszenierung als Kokons oder Minitierchen und meines Erachtens auch eher das Kind in den Vordergrund stellen, ohne seine Integrität und Würde zu verletzen - aber ich lasse das jetzt weg. Eigenwerbung und so weiter, Ihr wißt schon!  :-) Aber auf die Bilder verzichte ich dennoch nicht. :-)))) 
Die Suchmaschinen werfen Tausende von Fotos zum Thema professionelle Babyfotografie aus - was ja erst mal auch echt gut aussieht, das gebe ich neidlos zu. Nur - kann bzw. besser DARF denn Design ALLES sein?! Und kann-darf-muß man alles und jedes immer mitmachen? Denkt an Eure Kinder, liebe Eltern, und daran, wie diese sich fühlen werden, wenn sie in zwanzig Jahren durchs Fotoalbum blättern ...
Herzlichst, Sathiya