Dienstag, 13. November 2012

Kinderspielzeugwahnsinn

Einige Gedanken dazu.
Meine Jüngste bittet mich ab und zu, mit ihr in einen Spielzeugladen zu gehen - obwohl sie genau weiß, daß ich auch beim 100. Besuch nichts kaufen werde. Sie möchte sich erfreuen am Anblick der Fülle, des bunten weichen Reichtumes. Ich gehe immer brav mit... bin aber mit jedem Besuch genervter. Es ist mir zu bunt, zu aufdringlich, zu gewollt, zu aufgesetzt niedlich, zu bemüht witzig, zu beliebig, und überhaupt zu überflüssig.
Gerade jetzt in der erweiterten Vorweihnachtszeit ist alles wieder sehr aufdringlich und schreit so laut KAUF MICH, daß man es kaum überhören kann.
Nichts gegen Spielsachen, die dem Kind helfen, seinen Horizont zu erweitern und sich bestimmte Fertigkeiten und Fähigkeiten anzueignen, seine Geschicklichkeit zu verbessern und das Gehirn zu trainieren, Alltagsituationen nachzuspielen, seine Phantasie anzuregen und zu träumen.
Davon gibt es ja Gott sei Dank noch einige geeignete Spielsachen. Nicht allzuviele, aber sie sind noch da. Noch.

Aber das meiste ist überflüssiger Schnulli, den ich keinem Kind zum Spielen geben würde. Allen voran das Plastikzeug von Duplo, Fisherprice und Co. Wozu muß ein Spielzeug düdeln und blinken und wackeln??!!
Wozu muß es durchdesignt und mit allem möglichen Schmus beladen sein, wenn es doch eine einfache Holzfigur wie von einem altertümlichen Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel ebenso tut? Wieso gibt es soviele Knöpfchen-drück-Spiele?! Warum muß alles aus Plastik sein?? (Pardon, natürlich ist nicht alles aus Plastik. Aber leider ein sehr großer Teil, der immer größer wird.)
Ein Beispiel - wir lieben das Spiel "Die Siedler von Catan". Geniales Spiel. Super. Wir haben das Glück, eine der ersten Ausgaben zu besitzen, die mit den Holzfiguren, minimalistisch gestaltete Spielfelder, perfekt, kein Gedöns und Design-Schnickschnack. Die aktuelle Edition dieses Spieles enthält leider nur Plastikfiguren, überdesignte Spielfelder und allerlei Tand und Tinnef, den kein Mensch, kein Spieler braucht...  Schön finde ich das nicht. Ich bin da eher Minimalist. Weniger ist mehr.
Ich bin für weniger Schnulli, für mehr Phantasie und damit mehr Spielspaß.

Das meiste Spielzeug machen wir uns ohnehin selbst. Das macht auch den meisten Spaß, und überhaupt deckt es alles ab, was ich von einem Spielzeug erwarte: die Phantasie wird angeregt, die Kreativität geschürt, die Frustrationstoleranz trainiert, die soziale Kompetenz erhöht, die allgemeine Lebenslust vergrößert, das eigene Nachdenken gefördert, die Planungsfähigkeit erweitert... :-)) und das Spielen selbst ist umso vieles erfüllender, kreativer, fröhlicher, als wenn einfach ein gekauftes Spielzeug mittels vorgebener Knöpfe bedient wird. 
Letztens erst kramte meine Jüngste ein Häschen aus ihrer Spielzeugkiste, das ich vor Jahren genäht hatte. Weil sie sich noch eines wünschte, ich aber das Schnittmuster nicht finden konnte, hat sie sich selbst eins ausgedacht. Sich selbst hingesetzt und ein Schnittmuster für ein Kuschelhäschen entworfen. Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen... sie ist erst 8 Jahre. Das Häschen (siehe Blog Sathiya 1) ist mittlerweile fertig (die Schnitteile wurden noch leicht von mir überarbeitet, damit alles zusammenpaßt :-) ) und sie ist superfroh über ihr Häschen. Selbstgedacht und selbstgemacht.

Überhaupt: am besten spielt es sich sowieso mit einem alten Schuh, Mutters Schal, Wäscheklammern, verschiedenen alten Töpfen und Kochlöffeln und diversen leeren Flaschen und Schuhkartons. Wenn das die Spielzeugindustrie wüßte... :-))

Greetings, Sathiya

4 Kommentare:

  1. "Wenn das die Spielzeugindustrie wüsste" ... ich bin sicher, sie weiß es, aber sie weiß auch, dass es immer mehr Eltern gibt, die es nicht mehr wissen (wollen?). Und solange das so ist, wird die durchdesignte Themenspielewelt sich immer weiter hineinfressen in die Kinderzimmer. Aber Du zeigst ja, dass es auch anders geht. Und nach meinem Eindruck bist Du nicht allein. Das Bewusstsein für schlichte Qualität wird allerdings kaum genügend Kreise ziehen, um die Industrieauswüchse zu verdrängen, aber da kann man wohl nichts machen ...

    Viele Grüße
    Ursula

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    1. Ich war ja schon immer der Meinung, daß der Inhalt zähle und nicht (so sehr) das Äußere. Bei einem Spielzeug ist das um so wichtiger - das Innere setze ich mit Phantasie, Kreativität und Lebensfreude gleich. Was die Industrie mit "Spielwert" betitelt. (Jedoch scheint es mir NICHT das gleiche zu sein, oder irre ich mich?
      Das heißt nicht, daß ich in Bausch und Bogen alles (Plastik-)Spielzeug verurteile und ablehne - aber es kommt auf die Menge an. Und was man daraus macht.

      Tja, die lieben ELtern... viele erfüllen sich mit buntem Spielzeug einen Kindheitswunsch, den sie einfach auf ihre Kinder projizieren. Und die Kinder werden mit einem Riesenberg Spielsachen allein gelassen, und es wird ihnen noch ein schlechtes Gewissen eingeredet, wenn sie nicht damit zufrieden sind. Viele Eltern kaufen sich auch mit Spielsachen von der Verantwortung los, mit ihren Kindern zu spielen ("hier, da haste ein Speilzeug, nun spiel mal schön - und geh mir nicht auf die Nerven")
      Spielsachen, teure, zu kaufen, ist ja auch zu einem Statussymbol geworden. Was schade ist. Spielsachen KAUFEN ist nicht dasselbe wie mit seinem Kind zu SPIELEN. Wird aber irgendwie gleichgesetzt.
      Wo führt das noch hin? Zu einer Generation emotional verkrüppelter Menschen (wie ich es kürzlich woanders lesen durfte)?!

      Liebe Grüße, und danke für Deine Meinung!
      Sathiya

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  2. Gratulation an Deine disziplinierten Kinder: es ist nicht leicht, nicht ueber das gleiche Spielzeug, wie die anderen Kinder, zu verfuegen!

    Allerdings: vor einigen Jahren lass ich ueber eine wissenschaftliche STudie, welche herausfand, dass Kinder mit NICHT 'marktvorgebissenen' Spielsachen (Kaufware) im spaeteren Leben auf allen Ebenen besser abschneiden, weil: so wie Du das in Deinem Post beschreibst!

    LG, Gerlinde

    PS: Bewunderung noch an den jungen Hasen-Designer!

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    1. Ich tu was ich kann... :-)
      Spielzeug zu besitzen war/ist für mich/uns kein Statussymbol, deswegen nehmen es meine Kinder locker. Wichtiger, ungleich wichtiger ist es, wie man mit dem spielt, was man hat. Wäscheklammern und Kastanien und ein, zwei selbstgebastelte Kästchen vs. Barbieschloß. Die meinige spielt so interessant und hingebungsvoll, daß die stolze Barbieschloßbesitzerin ihr Schloß so pink sein läßt wie es will und rüberkommt, um teilzuhaben am Kastanienslalom oder was auch immer.
      Danke, Dein Lob wird weitergereicht. Das Häschen rümpft zwar das Näschen, aber :-)) ..!!!
      Lg, Sathiya

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