Dienstag, 20. März 2012

Gender matters - Versuch einer Antwort

Ich las gestern einen sehr interessanten Beitrag in einem meiner Lieblings-Kreativ-Blogs.
So interessant, daß ich diesen Beitrag direkt hier gepostet habe.
Hier nochmals der Link zum Original: cat-und-kasche-rote-tupfen.blogspot.com

Ich fand, nicht nur der Artikel an sich, sondern vor allem auch die Reaktionen darauf zeigten, daß die Autorin damit einen Nerv getroffen hat.
Nicht nur, daß sich sehr viele Kommentatoren persönlich angegriffen fühlten, sondern sie versuchten auch, sich für ihre Leben und Blogs zu rechtfertigen. Einige nahmen das auch zum Anlaß, eine nahezu politische Diskussion anzufangen.
Ich akzeptiere das.

Die Autorin wünschte sich mit diesem Beitrag allerdings etwas ganz anderes - sie wünschte sich mehr Persönlichkeiten im www zu sehen. Und zwar runde Persönlichkeiten mit ALLEM, mit Fehlern, Problemen, Ecken und Kanten. Und keine Deko-wütigen Hausmütterchen, die den perfekten Blog aufsetzen - durchgestylt, bereit, um den Brigitte Award zu konkurieren.
Tja, und es kam, wie es kommen mußte: Angriff auf nahezu der gesamten Front.
Schade...!
Allerdings ist es wirklich schwierig, sich im www als man selbst darzustellen. Man macht sich damit extrem angreifbar. Leider darf man diesen Aspekt nicht vernachlässigen - gerade in der heutigen Zeit nicht, wo es Menschen und auch schon Programme gibt, die anhand des Blog-Inhaltes, der Texte, Bilder und Formulierungen die Persönlichkeit analysieren und einen dann entsprechend zu manipulieren versuchen - mittels maßgeschneiderter personalisierter Werbung beispielsweise oder mittels Vermarktung persönlichkeitsgebundener Daten an Versicherungen, Unternehmen oder sogar Regierungen.
Da empfinde ich einen reinen Deko-Blog, der quietschbunt und inhaltlich eher oberflächlich daherkommt, als gelungene Mimikry, um sich selbst zu schützen.
Ich bin gespannt, was sich da bei cat-und-kascha noch entwickelt - diskussionsmäßig, meine ich.
Und was meint IHR?

Editiert am 21.3., Antwort auf diesen Kommentar: (siehe wiesamtundseide.blogspot.com)
Ich habe den Text auch gelesen und darüber nachgedacht. Ich sehe diese Art von Blogs als Zeiterscheinung oder Trend, in 5 oder 10 Jahren ist wieder was ganz anderes in. Dann sitzt man vielleicht wieder in Literaturcafes, wer weiß. Frauen lieben momentan das Cocooning, aber unsere Töchter sind vielleicht wieder ganz Karrieretussis und deren Töchter igeln sich wieder zu Hause ein. Alles kommt in Wellen immer wieder, quasi Retro so wie Plateauschuhe. Als Journalist muss man natürlich darüber berichten, als Privatperson interessiert es mich nicht.
Ich bin real in der realen Welt und in der irrealen Welt schreiben die Menschen was sie wollen. Bloggen soll Spaß machen und einem ein gutes Gefühl geben (so wie Kuchen, nur ohne Kalorien). Who cares? Warum alles zu Tode bequatschen und politisieren, wenn es um so was harmloses geht. Da gibt's doch echt wirkliche Weltprobleme, um deren Lösung man sich kümmern könnte.
Von XXX

Meine Entgegnung:
Ich akzeptiere Deine Meinung, kann sie aber nicht teilen.
Ich sehe Blogs nicht als zeitweilige Erscheinung, bis frau sich wieder in Literaturcafés trifft, sondern vielmehr als modernes Literaturcafé ONLINE. Wie und wo sonst könnte man sich treffen, zwanglos kennenlernen, auch über Hunderte von Kilometern oder sogar Kontinente hinweg? Ich möchte darauf nicht mehr verzichten - und möchte auch nicht, daß die Blog-Szene sich nur in eine Richtung entwickelt. Und kann darum vollauf die Meinung und das Unbehagen der Text-Autorin teilen. Da ich es auch schon empfunden habe - und jedesmal neu empfinde, wenn ich mir das quietschbunte, überbordende Regal mit den Frauen-, Mode-, Mindstyle-, Esoterik-Zeitschriften usw. ansehe.
Ich empfinde einen Blog - ein letztendlich öffentliches Online-Tagebuch - als "Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln" sozusagen. Klar, Ihr könnt mich jetzt einen Chauvi schimpfen oder Schlimmeres - aber ich glaube, wer sich nach außen hin oberflächlich darstellt, der wird es früher oder später auch sein - seine Wahrnehmung der Welt verändern und das Interesse an anderen Dingen (wie den "Weltproblemen" beispielsweise) verlieren.
Wer sich in der "realen" Welt als Jemand darstellt, wird dies auch im Web tun, und zwar auf ähnliche Weise.
Wer introvertiert ist, wird dies auch online sein - zurückhaltend, schüchtern, geradezu ängstlich (wenn man sich überhaupt in die Öffentlichkeit des Netzes wagt). Wer eher extrovertiert ist, dem wird es nichts ausmachen, auch noch das Intimste und Geringste von sich preiszugeben.

Was im Artikel Gender matters eigentlich angesprochen wurde, war nicht das Bloggen an sich, nicht die politische Diskussion über die Lage oder Stellung der Frauen in der Gesellschaft und der Politik, sondern das Sich-Öffnen jenseits der Heile-Welt-Deko-Blogs. Ich bin da ganz der Meinung der Artikelschreiberin - mir ist es zu bunt und zu verbissen deko-"wütig" und zu sehr auf heile bunte Welt getrimmt.
Auch wenn es manchen nicht gefällt - der Politik, die überwiegend von Männern gemacht wird, ist es durchaus recht und sogar höchst angenehm, wenn moderne Frauen ihre "Erfüllung" finden im Heimdeko- und Handarbeitsbereich. Wer sich Gedanken macht, wie die nächste Party dekoriert und was serviert werden soll, der kümmert sich seltener oder überhaupt nicht um Politik (auch nicht um die sogenannten "Weltprobleme"), sondern kriegt einen Anfall, wenn das Tischtuch nicht mit den Servietten harmoniert. Und gerade auch Frauen, die vielleicht auch voll im Berufsleben stehen. Gerade diese!
Wie sonst konnte ich dermaßen viele Rechtfertigungen für die Lust am Nähen, Basteln und Dekorieren lesen?
Und im Übrigen - wenn ich seichte Unterhaltung will, dann lese ich irgendeine x-beliebige Frauenzeitschrift, oder schalte das Fernsehen ein. Und lese keine Blogs.
Ich möchte, wenn ich im Web unterwegs bin, Persönlichkeiten treffen und das eine oder andere lernen - und meinerseits auch etwas zurückgeben.
ABER: ich sehe auch die Gefahren, die es im modernen Web gibt. Etwa das Ausspionieren der Blogger und ihrer privaten Sphäre und Mißbrauch der dadurch gewonnenen Daten. Und anderes.
Leider habe ich auch keine Idee, wie man das umgehen könnte - deswegen bleibt es vielleicht für die nächste Zeit beim kunter-quietsch-pink-bunten Bloggen.
Liebe Grüße
Sathiya

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