Mittwoch, 31. August 2016

Probleme eines Gottes

Warum, fragte die Tochter jüngst, hat Gott eigentlich nie den Menschen geholfen, die ihn um Hilfe angefleht haben? Warum läßt er Katastrophen, Kriege und Umweltzerstörung zu? Warum hilft er nicht den Guten? Warum tut er denn nichts?

Ach ja, das sind die Ergebnisse des Religions- und Ethikunterrichts in der Schule. Wie immer werden die Kinder, die mit 11, 12 Jahren beginnen, das Leben und seinen Sinn zu hinterfragen, von den Fachlehrern mit solchen essentiellen Fragen allein gelassen.

Aber nicht von mir. Ich habe das Problem anschaulich so erklärt:

In einen fast leeren, hohen Krug mit Wasser, Zimtstangen und Apfelscheiben (das berühmte Sathiya-Detox-Getränk) war eine kleine Obstfliege gefallen, unten am Glas in der Flüssigkeit klebengeblieben und zappelte um ihr Leben. Die Tochter war voller Mitleid und wollte helfen - aber das Flieglein war zu zart, das herausangeln per Finger hätte sie nicht lebend überstanden.
Was tun? Mit einem hölzernen Schaschlikstäbchen versuchten wir, das Tierchen aus seiner misslichen Lage zu befreien. Funktionierte nicht. Die Gefahr des Flügelabrisses und/oder Beinchenausreißens war zu groß. Ein paar Millimeter konnte das Tierchen vorsichtig herausgezogen werden, mit gerecktem Beinchen sich vertrauensvoll am Stäbchen festklammernd, aber es war zu klebrig. Wir mußten es aufgeben, um die Fliege nicht entzwei zu reißen.

Nun, genau das ist das Problem Gottes, bemerkte ich zu meinem Kind. Er ist zwar allmächtig und könnte uns im Handumdrehen aus jeder Notlage befreien - aber uns gleichzeitig mit höchster Wahrscheinlichkeit trotz größter Sorgfalt ungewollt Arme und Beine ausreißen und am Ende gar noch aus Versehen umbringen.

Hmm, ich hätte recht, meinte sie. Aber Gott der Allmächtige sei doch per Definition allmächtig, da würde er es doch wohl trotzdem hinkriegen? Oder?

Nun, nicht so richtig, sagte ich. Aus der Sicht der Obstfliege oder Ameise oder eines anderen im Vergleich zum Menschen sehr kleinen Wesens wirken zweifellos wir Menschen sehr stark, mächtig, geradezu allmächtig. Möglicherweise glaubt sogar die eine oder andere Obstfliege an den Guten Menschen, der sie errettet, wenn sie nur fleißig genug betet. Oder immer Gutes tut. Oder was auch immer.
Und dennoch, allem Glauben zum Trotz, sind wir Menschen nicht allmächtig, wenn es darum geht, kleine Obstfliegen aus klebrigen Substanzen zu befreien, ohne sie umzubringen. Wir sind genaugenommen sowas von ohnmächtig.

Und Gott, unser Bibel-Gott, befindet sich vermutlich in genau derselben Situation. Er würde ja helfen, wenn er es überhaupt bemerkte, daß man sich in Schwierigkeiten, die eine göttliche Rettung erforderlich machen, gebracht hat. Aber dann muß man als Mensch eben damit rechnen, einen Arm oder ein Bein oder beides zu verlieren...

Aber wie hilft Gott denn einem nun, wenn man es wirklich wirklich braucht?
Als Antwort fiel mir nur ein Witz/Anekdote ein, in welchem ein Mann in höchster Not um Gottes Hilfe bittet, insgesamt drei Hilfsangebote von barmherzigen Passanten ablehnt, da ihm ja Gott helfen würde, sodann stirbt und sich nach Ankunft im Himmel bei Gott bitterlich darüber beschwert, nicht erhört worden zu sein. Gottes Antwort lautete: Ich habe dir dreimal Hilfe gesandt, die du nicht angenommen hast. Was hätte ich denn noch tun sollen?!
Gott sendet einem immer nur - wenn überhaupt! - einen Menschen zuhilfe. Der reißt einem wenigstens nicht Arme und Beine oder den Kopf ab (oder nur ganz selten).

Wir hatten allerdings leider keine zweite Obstfliege, die wir der unglücklichen Fliege zur Hilfe schicken konnten - davon abgesehen: wie hätten wir mit ihr kommuniziert? Wie ihr klargemacht, daß sie gefälligst ihre Kollegin zu retten habe, weil wir, Fliegen-Gott in Menschengestalt, es so von ihr verlangen??
Nächstes Problem - wie macht sich Gott, zum Deibel noch mal, eigentlich verständlich?
Mittlerweile lachten wir aus vollem Halse. Tja, Gottes Probleme wollten wir alle beide nicht haben, nicht geschenkt und nicht für einen Berg Eiscreme!

Die kleine Unglücksrabin von Fliege haben wir dann kurzentschlossen durch einfaches Ausgießen des Kruges gerettet. Sintflut eben. (Wer weiß denn schon, weswegen die biblische Sintflut wirklich geschah?)

Die Gerettete - oder eine andere Fliege, wer kann das schon sagen, die sehen für uns ja alle gleich aus - ist einen Tag später im Joghurt umgekommen. Wurde zu spät bemerkt. Tja. Das Leben ist schon hart.

Die Jüngste meinte dann: es ist bestimmt nicht leicht, ein Gott zu sein.
Nein, ganz bestimmt nicht.

3 Kommentare:

  1. Empfehle hierfuer auch noch den Film 'Bruce Allmaechtig' = erklaert auch ein paar Sachen b-e-a utifull ;-) :-D
    Gruess sie mir bitte/danke; ausserdem 'habt' ihr beide doch demnaechst wieder, oder?

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    1. Kenne ich. Ist leider zu amerikanisch für meinen Geschmack.

      Ja, haben wir. 12-27-48, bitte danke. :-))
      Bis demnächst (kommt noch eine email)

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  2. Aehem, bin z. Zt. wegen berufl. Gehirnpfurz von Hubby ja nicht in Australien und deswegen an WE's gemeinsam mit ihm plattfuessiger, gestresster Tourist und auch manchmal dann gaenzlich ohne Computer-Zugriff.
    Seeya, Gerlinde
    Versuch' Du ein schoenes WE zu haben (= muss man ja auch meist 'selber machen' ;-) ) = bis denne dann

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