Dienstag, 18. September 2012

Leicht nachzuarbeiten..

... und deshalb auch für Anfänger geeignet.
Lassen wir uns von der Werbung speziell für DIY-Produkte absichtlich für dumm verkaufen?
Unseres Könnens, unseres Stolzes, unserer Motivation berauben?
Sind wir in einem virtuellen Schlaraffenland - Mund auf und alles fällt uns in den Schoß?

Jedesmal, wenn ich irgendwo lese "leicht nachzuarbeiten, daher auch für Anfänger geeignet" bekomme ich ein ungutes Gefühl. Es gefällt mir überhaupt nicht, daß auf diese Weise künstlerisch unbegabten, unausdauernden, sich nicht bemühenden, eigentlich nicht interessierten, ungeschickten Menschen suggeriert wird, sie könnten alles, was ein Künstler oder Handwerker kann, auch - und zwar ohne jede Anstrengung.

Es ist ja alles schon vorgedacht und vordesignt, das Herzblut ist schon geflossen, die Seele hat geweint - allerdings die des Künstlers - und nun muß nur noch völlig easy und ohne Nachzudenken das Blau in die runden, das Rot in die eckigen Vertiefungen getupft werden, dann ein wenig Glitzer drauf - und fertig.
Das kannst du ganz leicht auch! schreit einen die Werbung an...
"Malen nach Zahlen" mit dem Werbespruch "Jeder kann malen" hat es vorgemacht, und so quellen die Idee-Shops, Bastel- und Künstlerbedarfsläden regelrecht über von Zubehör fürs Basteln ohne Nachdenken, vordesignten Elementen, Anleitungsbüchern, buntem Schnickschnack und glitzernden Beliebigkeiten.
Es widert mich an.

Am störendsten empfinde ich dabei, daß das Gefühl der Menschen für Kunst und Kunsthandwerk dabei anscheinend vollständig verlorengeht. Wieso sollte denn ein Künstler für seine Arbeit geachtet werden, wenn man zuhause das Gleiche (oder zumindest etwas ähnliches) ganz leicht und locker mal eben aus dem Pinsel fließen läßt? Welche Wertschätzung erfährt ein Designer oder Kunsthandwerker für seine Arbeit, wenn man doch nur verschiedene Designelemente nach Lust und Laune kombinieren muß, um sogleich sein eigenes "einzigartiges Kunstwerk", ready to go, in den Händen hält? Und selbst dabei helfen einem die 101 Anleitungsbücher, Ideensammelseiten, Kreativzeitschriften usw. ...

Und noch was: anscheinend glauben viele Menschen, daß nicht sie selbst sondern die anderen für ihr Glück verantwortlich seien. Das gilt natürlich auch für Anleitungen und die gesamte DIY-Szene. Do it yourself heißt es - aber leider nicht "Denke selbst". Nein, das Denken erledigen andere und bereiten ihr Wissen derart auf, daß auch der blutigste Anfänger mit seiner Nähmaschine eine gerade Naht hinbekommt... während diejenigen, die schon nähen können, darüber nur gähnen können.

Das nächste, was mich daran stört, ist der Fun-Factor.
Alles muß und soll Spaß machen, Lust bereiten und allgemein das psychsiche Wohlbefinden erhöhen. Ein kreativer geistiger Orgasmus wird angestrebt - bei allem, was der DIY-Begeisterte so anfängt. Kein Spaß - kein DIY, so der Grundgedanke. Was, das erhöht nicht mein Lustempfinden? - dann mach ich es nicht... und was denn, nachdenken muß ich auch noch? - vergiß es, behalt deinen Krempel, kann ich eh bei T*** oder A*** oder L*** oder I*** günstiger kaufen...

Ach ja - das Kaufen, pardon "Günstigerkaufen" oder "Billigerkaufen" wird auch sehr gern herangezogen, um DIY egal welcher Art in ein monetäres Fach einzuordnen. "Lohnt es sich denn, das oder jenes selbst zu machen" hört man des öfteren. Ich finde diese Frage so absurd und banal, daß ich darauf keine Antwort weiß.
Es sind doch einfache Fertigkeiten, um die es geht, niemand verlangt doch im Ernst von irgendwem, daß er sein eigenes Eisenerz zu Stahl verhüttet, aus dem er dann das Zubehör für eine Nähmaschine herstellt, um dann eine Kuscheleule nähen zu können... aus Stoff, dessen Baumwolle er selbst angepflanzt, gepflegt, geerntet, gereinigt, gesponnen, gewebt und bedruckt hat... Es geht um Fertigkeiten im handwerklichen und Handarbeitsbereich - daß man ein Loch bohren, ein Brett zersägen, einen Nagel einschlagen, einen Knopf annähen, eine gerade Naht nähen, Schnürsenkel oder eine Kordel flechten, ein Loch stopfen, ein Messer schleifen, ein Essen kochen, eine Mütze stricken, eine Kinderwindel waschen kann usw.

Ich persönlich finde, daß es sich auf jeden Fall lohnt.  SELBST IST DIE FRAU!
Vielleicht nicht unmittelbar sofort - aber das Gefühl, etwas (egal was) mit den eigenen Fähigkeiten und Händen geschafft zu haben, ist mehr wert als jede finanzielle Ersparnis. Der Lerneffekt ist nicht mit Geld aufzuwiegen und das Gelernte, Erlebte und selbst Erfahrene kann einem keiner nehmen. Man selbst kann und wird daran wachsen! Deswegen lohnt es sich in jedem Fall, soviel es geht selbst zu  machen. Und zwar freiwillig aus eigenem Entschluß (das ist in der heutigen Zeit sehr wichtig - Schlaraffenland, ihr versteht, Mund auf und schlucken - aber wer will das schon? das einzige, was auf diese Weise irgendwann noch funktionieren wird, werden die Kiefermuskeln sein - und sonst gar nichts - Obacht!!!).
Für den Anfang ist das vielleicht garnicht verkehrt - für Anfänger geeignet.
Jedoch sollte man sich bemühen, dieses Stadium möglichst rasch hinter sich zu lassen und zum Rang eines "Dilettante" aufzusteigen. Ein tolles Wort - im modernen deutschen Sprachgebrauch heute abwertend gebraucht ("dilettantisch") - bedeutete es ursprünglich etwas mit Freude aus privatem Interesse und um des Vergnügens willen zu tun - siehe wikipedia:
Ein Dilettant (italienisch dilettare aus lateinisch delectare „sich erfreuen“) ist ein Nicht-Fachmann, Amateur oder Laie. Der Dilettant übt eine Sache um ihrer selbst willen aus, also aus privatem Interesse oder zum Vergnügen.
Dabei mag er durchaus vollendete Kenntnisse und Fertigkeiten erlangt haben. Solange er aber die Tätigkeit nicht professionell ausübt, um also seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, oder eine entsprechende, anerkannte Ausbildung absolviert hat, gilt er als Dilettant.
In der heutigen Umgangssprache werden die Begriffe 'Dilettant' und 'dilettantisch' meist abwertend verwendet.
Eine dilettantisch ausgeführte Tätigkeit wurde unfachmännisch, unsachgemäß, fehlerhaft, stümperhaft und/oder oberflächlich ausgeführt.
Also, erfreut euch an eurem Tun, delektiert euch daran, dann braucht ihr keine Anleitungen für Anfänger... denn das Selbstdenken ist mindestens ebenso befriedigend und befreiend wie das Selbsttun.
Tja, noch Fragen?
Have fun, enjoy life and DO IT YOURSELF!!!   Greetings, Sathiya

2 Kommentare:

  1. Wieder mal auf den Punkt gebracht :)), Danke!!
    Herzliche Grüße
    Petra

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    1. Danke fürs Lesen und für Deinen Kommentar! Freut mich sehr, daß jemand gelegentlich meine Meinung teilt. :-)
      Liebe Grüße, Sathiya

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