Studiengang
Pharmazie, Zweites Staatsexamen, es stehen schriftliche Prüfungen in
fünf Fächern an.
Die ersten zwei
Fächer / schriftlichen Prüfungen waren für den 26.3 angesetzt.
Die Studentin fühlte
sich zu krank um anzutreten und bekam vom Hausarzt am 25.3. ein
Attest ausgestellt, welches sie dem Amtsarzt zur Vorlage brachte, zur
Ausstellung eines amtsärztlichen Attestes (AÄA) am 26.3. - genau wie im
Landesprüfungsgesetz vom Ablauf her vorgeschrieben – erst
Hausarzt, dann Amtsarzt aufgesucht, dann Prüfungsamt telefonisch
informiert, daß aufgrund einer Erkrankung der Prüfungstermin nicht
wahrgenommen werden kann.
Der Beamte im Landesprüfungsamt (LPA) lehnte ab, sich das Attest persönlich überbringen zu
lassen, es würde ja sowieso wie üblich vom Amtsarzt zu ihnen ins
Prüfungsamt gesandt werden. Die Amtsärztin gibt der Studentin
dieselbe Information – das AÄA würde gefaxt werden.
Mit dieser Aussage
gab sich die Studentin zufrieden, die heilfroh war, nach hause ins
Bett zu kommen. Der Prüfer war natürlich über den Nichtantritt
informiert, sodaß alles geklärt schien.
Am 6.5. kam ein
Bescheid vom LPA über nichtbestandene Prüfungen in Klinischer
Pharmazie und Pharmazeutische/Medizinische Chemie ins Haus
geflattert, als Begründung wurden Formfehler angegeben. Welche
genau, ging aus dem Schreiben nicht hervor, nur die Festlegung der Gebührenhöhe war
eindeutig.
Die Studentin legte
am 21.5. gegen den Bescheid schriftlichen Widerspruch ein, per
Einschreiben mit Rückschein, und informierte ebenfalls die
Fachschaft Pharmazie über den Widerspruch (telefonisch).
Für den 17.6. wurde
der Zweitprüfungstermin (Nachprüfung wegen Nichtantritt) in
Klinischer Pharmazie anberaumt.
Sofort fragte die
Studentin telefonisch beim PA nach, wieso die Prüfung nicht als
Erstprüfung gewertet würde, sie hätte doch ein gültiges
amtsärztliches Attest vorgelegt und außerdem gegen den Bescheid vom
vom 6.5. Einspruch erhoben?
Die LPA-Beamtin
sagte, ein Widerspruch sei nie beim LPA eingegangen. Trotz
Einschreiben mit Rückschein. Sie fordere nun die Studentenakte bei
der zuständigen Fachschaft für Pharmazie an.
Die Mitarbeiterin
bei der Fachschaft hatte glücklicherweise den mündlichen Widerspruch
per Post-it korrekt auf der Akte dokumentiert. Nun soll die Akte durchgesehen
werden, das amtsärztliche Attest nochmals ausgewertet, um den
Ablehnungsgrund zu finden. Man geht also davon aus, daß da ein
Attest ist!
Die Studentin ist
infolge der unklaren Lage bezüglich der Termine und
Einspruchsfristen dann nicht zum erneuten Prüfungstermin angetreten.
Mit neuem Bescheid
vom 25.6. wird der Prüfungstermin vom 17.6. widerrufen, um die
Sachlage erneut zu untersuchen.
Die Studentin ist
zwischenzeitlich mehr mit den Formalitäten der Prüfung befaßt als
mit ihrem Lernstoff. Ebenso hält sie sich mittlerweile öfter im LPA
auf als in der Uni-Bibliothek, wo sie eigentlich lernen sollte.
Nun sucht die
Studentin ihr amtsärztliches Attest (AÄA), obwohl sie eigentlich
dringend für ihre Prüfungen lernen müßte. Sie will damit um die
Anerkennung bezüglich der Zweitprüfung als Erstprüfung kämpfen.
Auf Nachfrage beim
Gesundheitsamt, welches die AÄA ausstellt, heißt es nun
überraschend, die Atteste werden den Studenten in die Hand gedrückt,
auf daß sie selbst dafür sorgen, daß es zum LPA gelangt. Das ist
doch genau das, was sie tun wollte – nur hatte ihr der LPA-Beamte
eine völlig andere Auskunft gegeben, auf die sie sich leider
verlassen hatte, krank und angegriffen wie sie war.
Die
attestausstellende Amtsärtzin erteilte am 2.7. telefonisch folgende
Auskunft: es habe erst im März eine Umstellung des Prozederes
gegeben. Vorher war es üblich, das AÄA auf dem kurzen Dienstweg
einfach ans PA zu faxen.
Erneute Anfrage beim
LPA vom 1.7., die bekannte Beamtin. Die Studentin wird mit der
Situation allein nicht mehr fertig und hat sich mich als Begleitung
und Zeugen ausgesucht.
Frage Begleitung:
„Seit wann wissen Sie, daß gar kein Attest vorliegt?!“
Antwort LPA-Beamtin:
Es sei (angeblich) nie eines dagewesen – wohl auf dem Postweg
verlorengegangen. Ob das der Studentin noch nie passiert sei?
Frage Begleitung:
„Wieso haben Sie es, als die Studentin persönlich bei Ihnen war,
unterlassen, genau das zu erwähnen??“
Keine Antwort.
Begleitung: „Also,
wo ist das Attest?“
Die LPA-Beamtin holt
unwillig die Akte aus dem Nebenzimmer und schaut selbst nach.
Es gäbe kein Attest
in der Studentenakte.
Begleitung stellt
die Situation sachlich dar, betonte vor allem die Fehlinformation
seitens der Amtsärztin und des LPA-Beamten über das Prozedere der
Attestzusendung.
LPA-Beamtin sagt
nun, daß die Übergabe des Attestes allein in der Verantwortung des
Studenten stehen.
Begleitung sagt, daß
man nie angezweifelt habe, daß ein Attest vorläge, sondern vielmehr
von einem Formfehler desselben ausging. Daß das Nichtvorliegen des
Attestes der eigentliche Formfehler sei, wurde nie kommuniziert!
(schon zum zweiten Mal)
Ob das
Original-Attest, das die Studentin noch besitze, noch übersandt
werden solle, damit die Akte vollständig sei – und sie, die
LPA-Beamtin anhand des Attestes eine Aussage darüber treffen könne,
ob das AÄA ein hinreichender Grund fürs Nichtablegen der Prüfung
sei.
Begleitung erläutert
nochmals sachlich den gesamten Hergang, inklusive der
unterschiedlichen Informationen, die von Amtsarzt und LPA-Beamten
kamen.
LPA-Beamtin sagte,
sie könne dem Hergang, wie dargestellt, nun glauben oder auch nicht.
Sie erklärte sich bereit, sich das Attest anzusehen, könne aber
nichts versprechen, und einen eigenen Bescheid gäbe es dazu nicht.
Die LPA-Beamtin
wundert sich, warum die Begleitung mit ihr spricht und nicht die
Studentin selbst – die ein krankes Nervenbündel ist und kurz vorm
Zusammenbruch steht. Kurze Erklärung der Lage wird akzeptiert,
freundlicherweise. Und das AÄA soll unbedingt zu ihren Händen
gesandt werden.
Sie betonte, der
Bescheid würde nicht zurückgezogen oder geändert werden, der
Studentin stehe es mithin frei, den Klageweg zu beschreiten.
Die
Erfolgsaussichten seien durchaus nicht ganz klein, aber das Ende sei
offen.
Die LPA-Beamtin
betonte nochmals die überaus große Sorgfalt, mit der alle
Mitarbeiter im LPA arbeiten würden, Fehler ausgeschlossen!
Atteste sollten
übrigens zeitnah eingereicht werden, Atteste, die älter als 10 Tage
seien, werden nicht mehr anerkannt (sie baut sich selbst eine goldene
Brücke – denn das fragliche Attest ist vom 26.3. - und
mittlerweile ist Juli).
Persönliches
Gespräch im LPA, 2.7.
Anwesend die
LPA-Beamtin, die Studentin und ihre Begleitung
LPA-B sagt, sie
nimmt den Bescheid vom 6.5. unter keinen Umständen zurück.
Nach Vorlage und
Begutachtung des Original-Attestes meinte, sie, daß allein der
angegebene Säumnisgrund eine Ablehnung rechtfertigen würde – es
war als Attestgrund „chronische Erkrankung“ angekreuzt.
Auf die Bitte von
Studentin und Begleitung, doch bitte doch noch, zusammen mit dem
Amtsleiter , nur rein hypothetisch die Anerkennungsfähigkeit des
Attestes zu prüfen, sagte sie widerwillig zu, wobei sie ungnädig
meinte, daß letztendlich egal, was darauf stünde, das Attest
sowieso abgelehnt werden würde, weil es „nicht unverzüglich
vorlag“.
Das Einreichen einer
Klage diesbezüglich könne sie uns nicht verwehren, es gäbe aber
keine Garantie auf Erfolg.
Eine Woche später,
am 8.7., telefonische Nachfrage bezüglich der leidigen
Attest-Angelegenheit.
Es gäbe keine neuen
Erkenntnisse, und das wäre ihr letztes Wort. Sie würde mit solchen
sinnlosen Gedankenspielen nicht ihre Zeit verschwenden, sie hätte
noch anderes zu tun. Dauer des Telefonats 2 min. ???
Die Studentin ist in
Tränen aufgelöst, und von nervösen Kopfschmerzen befallen.
Am 17.7., dem
nächsten Prüfungstermin, ruft die LPA-Beamtin sogar zuhause !!! an,
um zu erfahren, was genau der Studentin fehlt, weswegen sie sich erneut für
prüfungsunfähig erklärt hat.
Ich sage, das wisse
ich nicht genau, da sie noch ganz aufgeregt sei und am Telefon nur
weine.
Die LPA-Beamtin
informiert mich, daß der amtsärztliche Dienst am nächsten Tag für
Prüflinge von 8-12 Uhr geöffnet sei. Schlechtes Gewissen wohl.
Das nette Spiel vom
Tod – ähm – AÄA hat sich noch mehrfach wiederholt –
einschließlich eines auf dem Postweg verschwundenen (trotz
Einschreiben mit Rückschein!) Attestes, eines im LPA selbst
verschwundenen Einspruches (ebenfalls Einschreiben mit Rückschein)
und einiger anderer seltsamer Vorfälle. Aber sei´s drum –
geschenkt!
Was einen nicht
gleich umbringt, macht einen stärker.
Meine Studentin hat
sich im Laufe ihres Prüfungsmarathons vieler anderer Studenten in
derselben Situation angenommen und ihnen geholfen, mit den Formalien
(und Befindlichkeiten) des LPA klarzukommen. Es muß IMMER „akute
Erkrankung“ auf dem AÄA stehen, sonst wird es abgelehnt. Selbst
ein stationärer Krankenhausaufenthalt gilt nicht als wichtiger Grund
für nichtangetretene Prüfungen – wie eine sehr liebe Kommilitonin
erleben mußte. Dermaßen autoritär, feindselig und herablassend
wird über den Studenten geurteilt, daß man sich wirklich fragt,
welche Befähigung solche ein LPA-Beamter für seinen Beruf
eigentlich haben muß. Empathie gehört definitiv nicht dazu. Und
wieso letzten Endes ein LPA-Beamter OHNE medizinische Kenntnisse ein
amtsärztliches Attest beurteilen darf, ist mir nicht ganz klar.
Ich finde das
Benehmen der Prüfungsamtbeamten unmöglich und den Umgang mit den
Studenten herablassend, arrogant und fahrlässig. Manch ein Student
hätte sich das vielleicht so sehr zu Herzen genommen, daß er
möglicherweise Suizid begangen hätte. Ich hatte ehrlich gesagt ab
und zu ernste Befürchtungen in dieser Hinsicht… und schlimme
Ängste um ihre körperliche und seelische Gesundheit. Aber mein
Mädchen hat es schlußendlich geschafft. Halleluja!
Das Ende vom Lied:
trotz einem einjährigen Tanz mit Prüfungsamt, diverser akuter
Krankheiten und massiver Prüfungsangst schloß die Studentin ihr
Studium erfolgreich mit allen drei Staatsexamina ab und erwarb im
Frühsommer 2016 die Approbation als Apothekerin. :-)