Dienstag, 13. November 2012

Nicht in meinem Namen

siehe hier:
http://grundeinkommenimbundestag.blogspot.de/2012/11/nicht-in-meinem-namen-nichtinmeinemnamen.html   (kein Hyperlink)


Jemand hat sich - wie, ist obiger Adresse zu entnehmen - Sanktionen sprich Kürzungen seiner "Leistungen zum Lebensunterhalt" in Höhe von 90 Prozent "verdient". Mit voller Absicht - nämlich gegen die unsäglich menschenverachtende Sozialgesetzgebung der Bundesregierung zu protestieren. Ob er erfolgreich sein wird oder das Ganze mit seiner Gesundheit oder gar seinem Leben bezahlen wird - bleibt abzuwarten.
Bitte erst die Adresse oben aufrufen und dort lesen...

Ich bin ebenso erschüttert wie die Autorin.
Ebenso wie sie habe ich Hemmungen und Probleme, darüber zu schreiben, mich dazu öffentlich zu äußern - ist es doch die gängige Auffassung im Lande, ein Sozialhilfeempfänger sei an seinem Elend selbst schuld und habe es selbst in der Hand, dem ein Ende zu setzen - indem er eine staatlich wohlwollend abgenickte abhängige Arbeit aufnimmt beispielsweise, oder sich selbständig macht (ich sage nur "Mit Handarbeiten aus Hartz 4", ein unsäglicher TV-Beitrag).
Genug der Scham - des Fremdschämens eher, Fremdschämen für die Politiker, die in der wohltuenden und garantierten Sicherheit ihrer lebenslangen sehr hohen Bezüge und Ruhestandsgelder (ich sage nur Wulff!!!) einfach über das zum Leben notwendige monatliche Existenzminimum befinden (wovon sie nicht die geringste Ahnung haben und was jedem beliebigen nicht mal einen einzigen Tag reichen würde) und dasselbe auch noch in einer modernen fortschrittlichen Variante des mittelalterlichen Hungerturms verwenden, indem sie bei Zuwiderhandeln und Nichtbefolgen der amtlichen (oft willkürlichen) Anordungen einfach Saktionen ansetzen - zunächst 30prozentige Kürzung des Existensminimums für 3 Monate, dann 60prozentige und schließlich 90prozentig... wie im oben genannten Beitrag zu lesen ist.
Ich bin fassungslos.
Daß soetwas in unserer modernen Gesellschaft tatsächlich durchgeführt wird.
Hungerturm im 21. Jahrhundert.
Immerhin gibt es keine Ketten, keine gegenständlichen zumindest.
Die Ketten sind durchaus da - die ständige und wohlkalkulierte Haltung in psychischer Angst und Abhängigkeit, die ständige Angst vor Obdachlosigkeit und fehlender medizinischer Versorgung, die Angst vor Sanktionen, wenn jemand nicht sofort spurt, das Gefühl, sich ständig irgendwelchen potentiellen "Arbeitgebern" präsentieren zu müssen, die doch nur auf der Suche nach billigen Arbeitskräften, eher - sklaven waren ("Leiharbeiter" der Jobcenter - nimm dir welche, teste sie - bei voller Arbeitsleistung ein paar Tage, maximal zwei Wochen - und dann schickst du sie einfach zurück und besorgst dir neue. Supereasy.) Dazu die subtile Botschaft, daß man ja eh und sowieso selbst schuld sei, daß es ganz allein an einem selbst läge. Was, der ehemalige Arbeitsplatz ist jetzt in China? Selbst schuld... Was, der ehemalige Chef bevorzugt auf deiner Position nur Männer? Selbst schuld... !!! Was, du hast zwei Doktortitel und zum Regaleeinräumen reicht die 8. Klasse? Zu gut ausgebildet, selbst schuld... Was, du bist schon über 40, nee, das geht gar nicht. Selbst schuld...

Der Gedanke hinter den Sanktionen, den Kürzungen der Sozialhilfe, ist durchaus nachvollziehbar: wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Altes Testament...
So weit so gut. Doch was ist die Definition von Arbeit? Jemand trägt was in eine Lohnsteuerkarte ein? Oder jemand erschafft etwas, was Hand und Fuß hat? Was einen gesllschaftlichen, wirtschaftlichen Nutzen hat? Wofür ein anderer Geld bezahlt? Oder jemand wischt anderen den Allerwertesten ab? Oder jemand spekuliert mit dem Geld fremder Leute? Oder jemand bäckt ein paar Gesetze, bequemerweise zu seinem eigenen Vorteil? Oder was?
Das Gesetz, die Sozialgesetzgebung, wie sie jetzt ist, ist einer modernen Gesellschaft unwürdig. Ich schäme mich... daß Volksvertreter, die sich für den Mund des Volkes halten, in ihrer Selbstherrlichkeit derartige Gesetze verabschieden und sie auch durchsetzen lassen. Ich habe auch den deutlichen Eindruck, daß sie nicht mit dem wichtigsten Grundsatz des Grundgesetzes konform geht - "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Wie ich das sehe, wird durch die Hartz4-Gesetze ständig dagegen verstoßen... oder gehen die Menschen, die sich als Sozialhilfeempfänger registrieren lassen (müssen), damit automatisch ihrer staatsbürgerlichen Rechte verlustig?!

Ein Argument gegen die Sanktionen, daß die Autorin bringt, ist nachdenkenswert: würde sich jemand so verhalten, der Kinder oder Alte oder Kranke oder Behinderte oder Schüler oder Studenten zu betreuen hätte, um sich derart Gehorsam und Unterwerfung zu verschaffen, würde es nicht hingenommen, nie und nimmer. Wieso ist es hinnehmbar und akzeptabel, den eigenen Bürgern im Lande sowas zuzumuten?

Nicht vergessen: nichts ist sicher. Jedem kann es passieren, eher als man es für möglich hält, vor dem Tresen eines Jobcenters zu stehen und sich als Sozialhilfeempfänger registrieren lassen zu müssen.

Wer die Aktion unterstützen möchte, es gibt genügend Adressen und Unterschriftenaktionen (Adresse oben), an die man sich wenden kann.

Sathiya

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