Sonntag, 1. Dezember 2013

Wollen Sie oder wollen Sie nicht? - Der Kunde als König

Ein Geschäftskontakt per Email. Wirklichkeit oder Fiktion?
Wie weit muß/kann/darf man als Künstler oder Händler oder Verkäufer dem Kunden entgegengehen, um den Kunden zufrieden zustellen? Das Problem beschäftigt mich momentan.
Ist der Kunde König - immer und überall? Als Frage in den Raum gestellt.


Tag X:
Kunde: ich hätte da eine Frage, ich habe Ihre Arbeiten im Web gesehen, finde sie toll und würde mal vorsichtig anfragen wollen, ob Sie vielleicht etwas für mich herstellen könnten. Ich habe da an ein Dingsda gedacht. Meinen Sie, Sie könnten das für uns tun?

Künstler: oh, das freut mich, daß Ihnen meine Sachen gefallen. natürlich kann ich das, schauen Sie mal hier und da, ob Ihnen dies oder das zusagt. *jubel, jemand will was von meinen Sachen* und *ganz vorsichtig einen Preis ins Spiel gebracht*

einen Tag später - Tag X+1:
Kunde: oh ja, das gefällt mir sehr gut. Aber es müßte noch dies und das anders gemacht werden, und jenes auch noch, und am besten sollte es zügig fertig sein, weil ich es dringend *am besten gestern* brauche. Den Preis lege ich fest, nicht höher als xxx Taler, aber ich zahle natürlich gern für echte Kunstwerke den entsprechenden Preis.

Künstler: ja, das ist alles kein Problem. Ich schlage Ihnen dies und jenes vor. Zeitraum, Präsentation bzw. Besichtigung des fertigen Werkes. Alles ohne Verbindlichkeit. Sie schauen und sagen dann, ob es Ihnen gefällt oder nicht. *jubel, der Kunde will es immer noch!*

Kunde: na dann, machen Sie mal. Brauchen Sie einen Vorschuß? Ach, und diese eine Farbe würde ich ganz besonders bevorzugen. *diktier*

einen Tag später - Tag X+2
Künstler: Danke, nein, ich brauche keinen Vorschuß. *jubel, sie wollen es immer noch, ich kann es kaum fassen!* Die Arbeit ist in etwa einer Woche fertig, da noch Materialien bestellt werden müssen. Bis dann!

einen Tag später - Tag X+3 
Kunde: bis dann, ich bin gespannt!

*

knapp zwei Wochen später - Tag X+15:
Künstler: das Kunstwerk ist fertig (hat leider etwas länger gedauert - Materialbestellung usw., das ist aber bei Kunstwerken üblich). Es kann da und da bestaunt werden. Bitte, treten Sie näher und schauen Sie, ob es Ihnen zusagt. Der Preis ist xxx Taler. Erbitte Kontaktaufnahme innerhalb einer Woche, um die weiteren Einzelheiten zu besprechen.

Fünf Tage später: Tag X+20 
Kunde: och, ist das toll! Den Preis finde ich auch in Ordnung. Aber, was sind denn jetzt die genauen Maße? Und kann es auch, was versprochen wurde? Und überhaupt, wer ist die Person auf dem Bild, die es vorführt, sind Sie das? *sabber*

einen Tag später: Tag X+21
Künstler: das freut mich sehr! Hier sind die genauen Abmessungen: xxx. Es sollte mit Ihrer Einrichtung harmonieren. Nein, das bin nicht ich auf dem Bild. *steif* Meine kleinen AGB sende ich mit. Bitte überweisen Sie die Kaufsumme innerhalb einer Woche, Konto-Nr, BLZ usw. Brauche auch noch Ihre Anschrift für den Adressaufkleber. Bei Fragen - hier ist (sogar) meine (private) Telefon-Nummer.  *kleine AGB angehängt, AGB seehr kundenfreundlich*

*

ca. 2 Wochen später: Tag X+34
Künstler: ich erlaube mir, Sie an die Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises für das Kunstwerk zu erinnern. *sich etwas wundert und befürchtet, etwas falsch gemacht zu haben* Bitte, sagen Sie doch was. Egal was, aber sagen Sie was. Wollen Sie es überhaupt noch? Wenn ja, ich werde leider die nächsten zwei Wochen keine Gelegenheit haben, es zu versenden, weil ich selbst im Urlaub sein werde.

einen Tag später: Tag X+35 
Kunde: tut mir leid, ich war noch hier und da, beruflich, Urlaub, Sie verstehen schon, aber ich werde gleich alles in die Wege leiten, nur keine Sorge. Es macht nichts, wenn Sie es auch erst nach Ihrem Urlaub abschicken. *g*

**

knapp zwei Wochen später: Tag X+45
Künstler: nun bin ich wieder aus den Ferien zurück es könnte losgehen, die Bezahlung ist aber noch nicht da? Wollen Sie es überhaupt noch? *jubel ist deutlich leiser geworden*

einen Tag später: Tag X+46
Kunde: ich werde den Kaufpreis gleich sofort überweisen. Ach und übrigens, die Bedingungen haben sich geändert. Ich bin mir nicht sicher, daß ich das Werk noch brauche.

***

zwei Wochen später: Tag X+60
Künstler: *findet kein Geld auf dem Konto, noch nicht einmal unter der Matratze, und auf seinem Sparbuch ist es auch nicht, sprich: der Kaufpreis wurde nicht bezahlt. - ??? - Kommunikation eingeschlafen? Wo, wieso? Und eine Anschrift vom Kunden  hat er immer noch nicht.* Aber nun ist es auch egal, hiermit beende ich die Vereinbarung über die kundenspezifische Creation eines Kunstwerkes. *hat die Faxen dicke* Ihnen entstehen keine Kosten, vielen Dank für Ihr Interesse, beehren Sie mich mal wieder, etc etc pp. *ist sauer, und wird die nächsten Tage keinen Kontoauszug auch nur von fern ansehen*

****

zwei Wochen später: Tag X+74, das heißt 14 Tage nach der Aufhebung der Vereinbarung:
Kunde: *verärgert* wo ist unsere Ware? Unfair! Her damit oder geben Sie uns unser Geld zurück!

einen Tag später: Tag X+75
Künstler: *war sonntag morgen auf der Bank, hat sich Kontoauszug angesehen - und da ist es: der sehnlich erwartete Kaufpreis, drei Tage nach der Absage gebucht* *kann sich aber nicht so richtig freuen* *hat ein Geschmäckle deswegen* *verteidigt sich* *bleibt so gut es geht, freundlich und sachlich* Moment, lieber Herr Kunde, das finde ich aber nicht nett. Sie haben sich glatte vier Wochen nicht gerührt, und davor zwei Wochen lang ebenfalls nicht, sodaß ich dringend annehmen mußte, Sie seien nicht mehr interessiert. Dann überwiesen Sie doch noch schnell das Geld für das Kunstwerk, nachdem ich Sie bereits von unserer Vereinbarung entbunden habe, und teilten mir das noch nicht einmal mit. Ihr Verhalten kann ich nicht so gut verstehen. Aber wenn Sie das Kunstwerk immer noch möchten, senden Sie mir bitte Ihre Anschrift, damit die Post das Kunstwerk zu Ihnen schaffen kann. Oder Ihre Kontodaten, damit Sie Ihr Geld zurückerhalten können. Bitte. Lassen Sie uns vernünftig und tolerant sein. Okay?

*****

- - - to be continued - - -

... und nun heißt es warten, was sich da bewegen wird.
Und wie, wohin und wie laut.

Beste Grüße, Sathiya

6 Kommentare:

  1. Wieso Fiktion? Solche Kandidaten begegnen jedem mal. Nicht erfreulich, aber da muss man durch. Kunden aus der Hölle eben ;-) ...

    Viele Grüße
    Ursula

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    1. Clients from hell - herrlich! :-)))

      Es gibt doch nichts schöneres. ;-)

      Lg, Sathiya

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  2. ohgottohgottohgott. Lass mich raten: Privatkunde ?

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    1. Yep. Jedenfalls glaube ich das. ;-)
      Oder sind Geschäftskunden auch gelegentlich so... SO?

      Lg, Sathiya

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    2. Ich habe zumindest noch keinen erlebt. Die haben dafür andere Schäden die sich aber nicht so lange hin ziehen.

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    3. andere Schäden - *LOL*
      Die öffentliche Dienst-Hand ist aber auch ziemlich laangsam. Mit Entscheidungen. Jedes vierte Quartal wird eine dringend notwendige ins übernächste verschoben... und jemand anders dafür verantwortlich gemacht (hab ich mir lang genug live angesehen). Und noch jemand anderes verhungert dann...
      Darauf einen Wein!

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